1 00:00:06,920 --> 00:00:08,160 EASIT 2 00:00:08,240 --> 00:00:11,280 Training in leichter Zugänglichkeit für mehr Teilhabe. 3 00:00:13,040 --> 00:00:14,400 Das ist Einheit 2: 4 00:00:14,680 --> 00:00:16,080 Leicht verständliche Sprache, 5 00:00:16,160 --> 00:00:17,360 kurz: E2U. 6 00:00:17,760 --> 00:00:18,960 Element 4: 7 00:00:19,040 --> 00:00:20,680 Leicht verständliche Sprache. 8 00:00:20,760 --> 00:00:23,560 Videovorlesung: Der Diskurs leicht verständlicher Sprache. 9 00:00:23,640 --> 00:00:27,400 Ich bin Sergio Hernández Garrido von der Universität Hildesheim. 10 00:00:28,000 --> 00:00:29,360 In dieser Videovorlesung 11 00:00:29,440 --> 00:00:31,200 spreche ich über die Diskursebene 12 00:00:31,280 --> 00:00:33,880 von Texten in leicht verständlicher Sprache. 13 00:00:34,680 --> 00:00:37,680 Dabei werde ich den Fokus auf Intertextualität, 14 00:00:37,760 --> 00:00:40,360 vorausgesetztes Wissen und Textsorten legen. 15 00:00:41,400 --> 00:00:43,480 Kommen wir zunächst zur Intertextualität. 16 00:00:43,560 --> 00:00:46,840 Texte beziehen sich intertextuell auf andere Texte. 17 00:00:47,120 --> 00:00:50,000 Es gibt verschiedene Formen von Intertextualität. 18 00:00:50,080 --> 00:00:53,120 Implizite oder explizite Bezüge 19 00:00:53,200 --> 00:00:55,680 zu einem oder mehreren Texten. 20 00:00:56,440 --> 00:00:58,400 Ein Beispiel hierfür sind Zitate. 21 00:00:58,760 --> 00:01:01,320 Intertextualitt kann auch als impliziter 22 00:01:01,400 --> 00:01:04,680 oder expliziter Bezug zur gesamten Textsorte auftreten. 23 00:01:05,840 --> 00:01:09,320 Aus intertextuellem Wissen können reguläre Leser ableiten, 24 00:01:09,400 --> 00:01:11,840 was sie von einem Text erwarten können. 25 00:01:12,760 --> 00:01:16,320 Was ist seine vermeintliche Funktion? Was sind seine Inhalte? 26 00:01:18,240 --> 00:01:19,520 Wie bereits erwähnt, 27 00:01:19,920 --> 00:01:22,640 können sich Texte auf andere Texte beziehen. 28 00:01:23,080 --> 00:01:24,480 Explizit oder implizit. 29 00:01:25,640 --> 00:01:28,080 Diese anderen Texte enthalten Wissen, 30 00:01:28,160 --> 00:01:30,960 welches Autoren bei der Leserschaft voraussetzen. 31 00:01:31,160 --> 00:01:35,280 Nur mit diesem Vorwissen können Leser den Ausgangstext verstehen. 32 00:01:36,400 --> 00:01:39,320 Wenngleich die Leser nicht über das Vorwissen verfügen, 33 00:01:39,400 --> 00:01:42,920 so wissen sie trotzdem, wo sie die Informationen finden können, 34 00:01:43,000 --> 00:01:45,880 die ihnen dabei helfen den Ausgangstext zu verstehen. 35 00:01:46,080 --> 00:01:49,680 Manchmal heben es die Autoren explizit hervor, 36 00:01:50,040 --> 00:01:52,000 auf welche Texte sie sich beziehen. 37 00:01:52,680 --> 00:01:56,640 Dies kann durch Zitate oder andere Arten der Kennzeichnung erfolgen. 38 00:01:57,080 --> 00:01:58,280 Mit diesen Mitteln 39 00:01:58,640 --> 00:02:02,240 können Autoren Quellen für das vorausgesetzte Wissen angeben. 40 00:02:03,240 --> 00:02:07,680 Oft ist die Referenz zum Quelltext implizit oder unklar. 41 00:02:08,280 --> 00:02:09,560 In jedem Fall sind Texte, 42 00:02:09,640 --> 00:02:12,480 die Wissen aus anderen Texten voraussetzen, 43 00:02:12,760 --> 00:02:15,160 für die Leser kompliziert zu verarbeiten. 44 00:02:15,760 --> 00:02:20,200 Die Leser müssen die intertextuellen Bezüge identifizieren 45 00:02:20,840 --> 00:02:24,200 und oft zunächst das vorausgesetzte Wissen erlangen, 46 00:02:24,280 --> 00:02:26,760 um den Ausgangstext weiterlesen zu können. 47 00:02:27,920 --> 00:02:32,520 Erfahrene Leser kennen eventuell die Referenztexte des Autors. 48 00:02:33,120 --> 00:02:36,480 Sie können so den Text schneller und leichter verarbeiten. 49 00:02:37,160 --> 00:02:39,960 Die Zielgruppen von leicht verständlicher Sprache 50 00:02:40,040 --> 00:02:43,120 haben normalerweise nicht die gleiche Leseerfahrung 51 00:02:43,200 --> 00:02:45,560 oder das gleiche Vorwissen zu einem Text, 52 00:02:45,640 --> 00:02:47,800 wie die Autoren oder erfahrenen Leser. 53 00:02:49,720 --> 00:02:53,440 Intertextualität setzt somit Erfahrungen mit Texten voraus. 54 00:02:54,080 --> 00:02:56,640 Wenn Intertextualität vorausgesetzt wird, 55 00:02:56,920 --> 00:02:59,720 ist dies eine Bedrohung für die Verständlichkeit. 56 00:02:59,800 --> 00:03:02,840 Wenn in einem leicht verst?ndlichen Text eine Information 57 00:03:02,920 --> 00:03:05,880 aus einem anderen Text verwendet wird, reicht es nicht aus 58 00:03:05,960 --> 00:03:08,480 sich nur auf eine bestimmte Quelle zu beziehen. 59 00:03:08,560 --> 00:03:12,840 Stattdessen ist es hilfreich direkt anzugeben, 60 00:03:13,000 --> 00:03:15,680 wo die Information gefunden werden kann. 61 00:03:15,760 --> 00:03:20,000 Die Information aus dem Ausgangstext sollte kurz zusammengefasst werden. 62 00:03:20,080 --> 00:03:22,920 Wenn die Information sehr wichtig für den Text ist, 63 00:03:23,000 --> 00:03:25,920 sollte sie direkt in leicht verständlicher Sprache 64 00:03:26,000 --> 00:03:27,680 in den Text eingefügt werden. 65 00:03:28,640 --> 00:03:31,000 Man sollte beachten, ob die Information 66 00:03:31,080 --> 00:03:34,000 in leicht verständlicher Sprache zur Verfügung steht. 67 00:03:34,200 --> 00:03:35,400 Wenn nicht, 68 00:03:35,480 --> 00:03:38,480 kann die primäre Zielgruppe nicht auf sie zugreifen. 69 00:03:39,400 --> 00:03:42,560 Zum Beispiel im Bereich der Rechtskommunikation, 70 00:03:42,640 --> 00:03:44,880 können Bezüge zu Gesetzen und Bestimmungen 71 00:03:44,960 --> 00:03:46,720 nicht immer vermieden werden. 72 00:03:47,880 --> 00:03:49,520 Diese Gesetze und Bestimmungen 73 00:03:49,600 --> 00:03:52,760 sind nicht in Leichter oder Einfacher Sprache verfasst 74 00:03:52,840 --> 00:03:54,520 sondern in Gesetzessprache. 75 00:03:54,920 --> 00:03:57,760 Deshalb kann bei den Zielgruppen kein Vorwissen 76 00:03:57,840 --> 00:04:00,840 über Gesetze und Bestimmungen vorausgesetzt werden, 77 00:04:00,920 --> 00:04:02,720 die im Text zitiert werden. 78 00:04:03,400 --> 00:04:07,000 Darüber hinaus hat die Zielgruppe keinen Zugang zu Referenztexten, 79 00:04:07,080 --> 00:04:10,120 da sie auf linguistischer und konzeptueller Ebene 80 00:04:10,200 --> 00:04:12,000 zu komplex sind. 81 00:04:12,080 --> 00:04:14,400 Wichtige Informationen müssen folglich 82 00:04:14,480 --> 00:04:17,560 direkt im leicht verständlichen Text vorhanden sein. 83 00:04:18,440 --> 00:04:19,720 Das Hinzufügen von Informationen 84 00:04:19,800 --> 00:04:22,480 ist ein Prinzip von leicht verständlicher Sprache. 85 00:04:22,560 --> 00:04:26,080 Wichtige Informationen, auf die die Zielgruppe nicht zugreifen kann 86 00:04:26,160 --> 00:04:29,800 und die nicht vorausgesetzt werden können, müssen hinzugefügt werden. 87 00:04:30,800 --> 00:04:33,080 Intertextualität in Online-Formaten: 88 00:04:33,720 --> 00:04:35,520 Online-Texte sind Hypertexte. 89 00:04:35,960 --> 00:04:38,760 Sie bringen Intertextualität auf ein neues Level, 90 00:04:38,840 --> 00:04:41,960 ermöglichen aber auch neue Wege Informationen hinzuzufügen. 91 00:04:42,040 --> 00:04:44,560 Ein Hypertext ist durch seine Verlinkung, 92 00:04:44,640 --> 00:04:48,120 nicht auf das limitiert, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. 93 00:04:48,200 --> 00:04:50,560 Er repräsentiert ein ganzes Netz von Texten. 94 00:04:51,040 --> 00:04:53,880 Die Inhalte sind nicht linear dargestellt, 95 00:04:54,400 --> 00:04:58,440 sie bestehen aus Einzeltexten, die miteinander verbunden sind. 96 00:04:59,120 --> 00:05:01,640 Das eröffnet eine Reihe neuer Möglichkeiten 97 00:05:01,720 --> 00:05:05,440 für die Erstellung von Inhalten in leicht verständlicher Sprache. 98 00:05:05,520 --> 00:05:07,120 Die Menge an Informationen, 99 00:05:07,200 --> 00:05:10,080 die zu einem Einzeltext hinzugefügt werden müssen, 100 00:05:10,160 --> 00:05:13,160 kann durch die Nutzung von Hypertexten verringert werden. 101 00:05:13,480 --> 00:05:15,520 Die zusätzlichen Informationen können 102 00:05:15,600 --> 00:05:18,240 mit Hilfe von verlinkten Texten vermittelt werden. 103 00:05:19,600 --> 00:05:23,440 Damit diese Technik funktioniert, gibt es einige Voraussetzungen. 104 00:05:23,960 --> 00:05:27,600 Erstens muss die Zielgruppe wissen, wie man Links nutzt. 105 00:05:28,640 --> 00:05:30,040 Das ist nur dann gegeben, 106 00:05:30,120 --> 00:05:33,880 wenn die Zielgruppe Erfahrungen mit der Nutzung des Internets hat. 107 00:05:34,400 --> 00:05:35,840 Wir können nicht erwarten, 108 00:05:35,920 --> 00:05:39,360 dass alle Zielgruppen diese Fähigkeiten und das Wissen haben. 109 00:05:39,840 --> 00:05:43,040 Das bedeutet, wir können nicht erwarten, dass sie wissen, 110 00:05:43,120 --> 00:05:44,960 wie sie auf den Link klicken müssen 111 00:05:45,040 --> 00:05:47,920 und wie sie wieder zum Ausgangstext zurückkommen. 112 00:05:48,080 --> 00:05:51,960 Aus diesem Grund müssen Links im Ausgangstext klar erläutert werden 113 00:05:52,520 --> 00:05:56,000 und es muss genauestens angewiesen werden, 114 00:05:56,400 --> 00:05:58,360 dass man auf den Link klicken kann. 115 00:06:00,080 --> 00:06:01,680 Eine andere Voraussetzung ist, 116 00:06:01,760 --> 00:06:05,120 dass die Information im verlinkten Text verständlich ist, 117 00:06:05,200 --> 00:06:07,800 und von der Zielgruppe rezipiert werden kann. 118 00:06:08,960 --> 00:06:11,040 Ein Text in E2U sollte deshalb 119 00:06:11,120 --> 00:06:14,200 nur auf andere leicht verständliche Texte verlinken, 120 00:06:14,280 --> 00:06:16,680 oder explizit erklären, 121 00:06:16,760 --> 00:06:20,440 dass der im Ausgangstext verlinkte Text nicht leicht verständlich ist. 122 00:06:20,800 --> 00:06:22,080 Als Beispiel hierfür, 123 00:06:22,160 --> 00:06:23,840 zeigen wir Ihnen die Homepage 124 00:06:23,920 --> 00:06:27,560 des Norddeutschen Rundfunks (NDR). 125 00:06:28,400 --> 00:06:31,840 Wenn der NDR Links verwendet, wird die Nutzung genau erklärt. 126 00:06:32,320 --> 00:06:35,680 Die Nutzer werden angewiesen auf den Link zu klicken. 127 00:06:35,760 --> 00:06:39,920 Links werden zudem unterstrichen, um sie visuell hervorzuheben. 128 00:06:42,000 --> 00:06:44,000 Berücksichtigung des Vorwissens: 129 00:06:44,720 --> 00:06:47,720 Autoren und übersetzer für leicht verständliche Texte, 130 00:06:47,800 --> 00:06:50,800 seien es Texte in Leichter oder in Einfacher Sprache, 131 00:06:51,360 --> 00:06:53,160 müssen in Betracht ziehen, 132 00:06:53,240 --> 00:06:56,640 welches Vorwissen sie von den Zielgruppen erwarten können. 133 00:06:57,520 --> 00:07:00,280 Es kann nicht von Zielgruppen erwartet werden, 134 00:07:00,360 --> 00:07:03,720 dass sie die gleiche Menge an Vorwissen zu einem Thema mitbringen, 135 00:07:03,800 --> 00:07:07,640 wie andere Gruppen, die nicht auf verständlichkeitsoptimierte Texte 136 00:07:07,720 --> 00:07:08,920 angewiesen sind. 137 00:07:09,000 --> 00:07:10,560 Deshalb ist es wichtig, 138 00:07:10,640 --> 00:07:13,800 der Zielgruppe zusätzliches Wissen zu vermitteln, 139 00:07:13,880 --> 00:07:16,520 damit die Inhalte verstanden werden können. 140 00:07:16,600 --> 00:07:19,520 Dies wird besonders bei der Übersetzung oder Adaption 141 00:07:19,600 --> 00:07:22,600 von Material in Leichter oder Einfacher Sprache deutlich. 142 00:07:22,760 --> 00:07:25,280 Der Ausgangstext setzt eventuell Wissen voraus, 143 00:07:25,360 --> 00:07:27,600 über das die Zielgruppe nicht verfügt. 144 00:07:27,680 --> 00:07:30,160 Experten für Leichte und Einfache Sprache 145 00:07:30,240 --> 00:07:32,480 sollten diese Lücken erkennen 146 00:07:32,560 --> 00:07:34,680 und sie mit dem benötigten Wissen füllen. 147 00:07:35,000 --> 00:07:37,560 Dies betrifft inhaltliche Informationen, 148 00:07:37,640 --> 00:07:42,400 und auch terminologische Begriffe, die der Zielgruppe unbekannt sind. 149 00:07:42,720 --> 00:07:46,120 Es ist nicht immer möglich bestimmte Fachbegriffe zu vermeiden, 150 00:07:46,200 --> 00:07:47,920 wenn es um fachliche Themen geht. 151 00:07:48,000 --> 00:07:50,560 Diese Fachbegriffe müssen erklärt werden. 152 00:07:51,720 --> 00:07:53,240 Textsortenwissen. 153 00:07:53,840 --> 00:07:57,760 Vorausgesetztes Vorwissen kann auch Wissen zur Textsorte sein. 154 00:07:58,760 --> 00:08:03,760 Erfahrene Leser können Texte auf den ersten Blick einer Textsorte zuordnen. 155 00:08:04,600 --> 00:08:07,960 Basierend darauf, haben sie schon vor dem Lesen 156 00:08:08,040 --> 00:08:11,720 Erwartungen bezüglich des Inhalts und der Funktion des Textes. 157 00:08:12,080 --> 00:08:14,960 Wenn sie zum Beispiel Nachrichten auf einer Website lesen, 158 00:08:15,040 --> 00:08:18,560 gibt ihnen die optische Darstellung des Textes Informationen darüber, 159 00:08:18,640 --> 00:08:20,400 dass es sich um einen Text handelt, 160 00:08:20,480 --> 00:08:23,840 der Informationen zu Nachrichten und Ereignissen beinhaltet. 161 00:08:24,080 --> 00:08:26,920 Dieses Wissen hilft erfahrenen Lesern dabei, 162 00:08:27,000 --> 00:08:29,400 die Makrostruktur eines Textes, 163 00:08:29,480 --> 00:08:32,760 also die zentralen Aussagen eines Textes zu erfassen 164 00:08:33,240 --> 00:08:35,240 und den Text besser lesen zu können. 165 00:08:35,840 --> 00:08:37,720 Wenngleich Studien gezeigt haben, 166 00:08:37,800 --> 00:08:40,360 dass auch primäre Zielgruppen Leichter Sprache 167 00:08:40,440 --> 00:08:42,400 eine Art Vorwissen zu Textsorten haben, 168 00:08:42,480 --> 00:08:44,840 ist dieses Vorwissen doch eingeschränkter, 169 00:08:44,920 --> 00:08:47,960 als das Vorwissen eines durchschnittlichen Lesers. 170 00:08:48,760 --> 00:08:52,120 Leser aus der primären Zielgruppe benötigen mehr Informationen 171 00:08:52,200 --> 00:08:53,640 zur Textsorte. 172 00:08:54,240 --> 00:08:55,880 Die Kernaussagen des Textes 173 00:08:55,960 --> 00:09:00,200 und seine Funktion müssen an die Oberfläche gebracht werden. 174 00:09:00,360 --> 00:09:02,440 Zum Beispiel in Informationstexten 175 00:09:03,080 --> 00:09:04,520 werden Fragen benutzt, 176 00:09:04,600 --> 00:09:09,240 die unmittelbar anschließend im Text beantwortet werden. 177 00:09:09,720 --> 00:09:11,000 Dies zeigt deutlich, 178 00:09:11,320 --> 00:09:14,520 dass die Intention des Textes Informationsvermittlung ist. 179 00:09:15,880 --> 00:09:17,440 Textsortenkonventionen: 180 00:09:18,240 --> 00:09:20,680 Die Nutzer von leicht verständlicher Sprache 181 00:09:20,760 --> 00:09:24,320 haben Vorwissen zu einigen Textsorten. 182 00:09:24,560 --> 00:09:27,360 Dieses Vorwissen ist vergleichsweise begrenzt. 183 00:09:28,600 --> 00:09:31,680 Es ist deshalb sinnvoll, nicht alle Texsortenkonventionen 184 00:09:31,760 --> 00:09:34,840 aus dem leicht verständlichen Text zu entfernen. 185 00:09:34,920 --> 00:09:38,000 Dies geschieht häufig in Texten der Leichten Sprache, 186 00:09:38,080 --> 00:09:40,920 ist aber nicht zwangsläufig hilfreich. 187 00:09:41,720 --> 00:09:44,880 Deshalb sollten leicht verständliche Texte wenigstens Teile 188 00:09:44,960 --> 00:09:49,400 der Textsortenkonventionen des Ausgangstextes beibehalten. 189 00:09:50,560 --> 00:09:53,120 Es muss aber gesagt werden, dass die Eigenschaften 190 00:09:53,200 --> 00:09:56,280 von leicht verständlicher Sprache es manchmal schwer machen, 191 00:09:56,360 --> 00:09:59,040 die Textsortenkonventionen beizubehalten. 192 00:09:59,160 --> 00:10:02,320 Zum Beispiel wird das Erzählen einer Geschichte 193 00:10:02,400 --> 00:10:04,160 in chronologischer Reihenfolge 194 00:10:04,240 --> 00:10:06,760 als Optimierung der Verständlichkeit eingestuft. 195 00:10:06,840 --> 00:10:10,120 Nachrichtentexte haben diese Struktur üblicherweise nicht. 196 00:10:10,600 --> 00:10:13,800 Sie erzählen die Geschichte nicht chronologisch, 197 00:10:13,880 --> 00:10:16,840 sondern starten mit der eigentlichen Neuigkeit 198 00:10:17,240 --> 00:10:20,400 und erzählen die Ereignisse mittels Rückblenden. 199 00:10:21,160 --> 00:10:25,000 Die Folien zeigen diese Struktur in typischen Nachrichtentexten. 200 00:10:25,080 --> 00:10:28,520 So eine Struktur benötigt gehobenes grammatikalisches Werkzeug. 201 00:10:28,600 --> 00:10:31,280 Zum Beispiel im Hinblick auf Zeitformen, 202 00:10:32,160 --> 00:10:35,280 die in leicht verständlicher Sprache nicht vorhanden sind. 203 00:10:35,360 --> 00:10:37,760 Diese Texte sind zwar interessant zu lesen, 204 00:10:37,840 --> 00:10:40,280 aber sie erfordern komplexe Fähigkeiten 205 00:10:40,360 --> 00:10:43,240 im Bereich des Verstehens, die bei der Zielgruppe 206 00:10:43,320 --> 00:10:45,600 von Leichter Sprache nicht vorhanden sind. 207 00:10:45,680 --> 00:10:48,240 Eine Geschichte in chronologischer Reihenfolge 208 00:10:48,320 --> 00:10:51,160 wäre zwar leichter zu verstehen, widerspricht jedoch 209 00:10:51,240 --> 00:10:53,720 den Textkonventionen von Nachrichtentexten. 210 00:10:53,800 --> 00:10:57,320 Eine Nachricht in chronologischer Reihenfolge zu erzählen, 211 00:10:57,400 --> 00:11:00,640 würde also den Nachrichten-Charakter 212 00:11:00,720 --> 00:11:02,800 des Textes verschwinden lassen. 213 00:11:03,600 --> 00:11:06,360 In Nachrichtentexten für die Zielgruppe der Leichten Sprache 214 00:11:06,440 --> 00:11:09,640 wurde ein Kompromiss gefunden: 215 00:11:11,280 --> 00:11:13,240 Der Zieltext in Leichter Sprache 216 00:11:13,320 --> 00:11:15,280 lässt die chronologische Reihenfolge fallen. 217 00:11:15,440 --> 00:11:17,880 Der Text startet mit dem eigentlichen Ereignis. 218 00:11:17,960 --> 00:11:20,160 Hier ist es eine Gerichtsverhandlung. 219 00:11:20,240 --> 00:11:22,240 Der Text zeigt einige Rückblenden, 220 00:11:22,560 --> 00:11:26,520 reduziert aber gleichzeitig die Menge dieser Rückblenden 221 00:11:26,600 --> 00:11:30,080 und sammelt die Informationen auf der einzigen Zeitebene. 222 00:11:30,600 --> 00:11:34,480 So kann die Information im Zieltext leichter verarbeitet werden, 223 00:11:34,560 --> 00:11:37,960 zeigt aber noch immer die Merkmale eines Nachrichtentextes. 224 00:11:38,600 --> 00:11:39,720 Zusammenfassung: 225 00:11:40,200 --> 00:11:42,560 Auch wenn es nicht vollständig möglich ist, 226 00:11:42,640 --> 00:11:45,720 die Textsortenkonventionen komplett beizubehalten, 227 00:11:45,800 --> 00:11:48,160 sollten sie nicht komplett verschwinden. 228 00:11:48,520 --> 00:11:52,600 Leicht verständliche Sprache sollte eine Brückenfunktion haben. 229 00:11:53,160 --> 00:11:56,840 Das heißt, dass verständlichkeitsoptimierte Texte 230 00:11:56,920 --> 00:12:00,680 neben ihrer Funktion bestimmte Inhalte verständlicher zu machen, 231 00:12:00,760 --> 00:12:02,400 auch eine Brücke bauen sollten, 232 00:12:02,480 --> 00:12:04,800 die dabei hilft Standardtexte zu verstehen. 233 00:12:04,880 --> 00:12:07,440 Die Zielgruppen von leicht verständlicher Sprache 234 00:12:07,520 --> 00:12:10,920 sollten von Texten in Leichter oder Einfacher Sprache lernen. 235 00:12:11,000 --> 00:12:13,480 Zum Beispiel können Inhalte vermittelt werden, 236 00:12:13,560 --> 00:12:16,600 aber auch Textkonventionen können nähergebracht werden. 237 00:12:16,680 --> 00:12:19,400 So gewinnt die Zielgruppe textsortenspezifisches Wissen. 238 00:12:19,840 --> 00:12:22,080 Diese Videovorlesung wurde erstellt 239 00:12:22,160 --> 00:12:24,360 von Sergio Hernandez und Christiane Maaß 240 00:12:24,440 --> 00:12:26,320 von der Universität Hildesheim. 241 00:12:26,400 --> 00:12:29,680 Unter easit@uni-hildesheim.de können Sie uns erreichen. 242 00:12:30,760 --> 00:12:34,800 Das EASIT-Projekt wird unterstützt von der Europäischen Kommission 243 00:12:34,880 --> 00:12:37,680 im Sinne des Erasmus+-Programmes 244 00:12:37,760 --> 00:12:40,400 für strategische Hochschulpartnerschaften 245 00:12:40,480 --> 00:12:43,760 Finanzhilfevereinbarung 2018-1-ES01-KA203-05275. 246 00:12:43,840 --> 00:12:47,560 Die Unterstützung der Europäischen Kommission dieser Produktion 247 00:12:47,640 --> 00:12:50,280 setzt keine Zustimmung zu den Inhalten voraus, 248 00:12:50,360 --> 00:12:52,960 die nur die Meinung der Urhebenden darstellen, 249 00:12:53,040 --> 00:12:56,200 sodass die Kommission keine Verantwortung übernimmt 250 00:12:56,280 --> 00:12:58,960 für Nutzung der darin enthaltenen Informationen. 251 00:12:59,040 --> 00:13:02,520 Dieses Produkt unterliegt einer Creative Commons Lizenz, 252 00:13:02,600 --> 00:13:06,240 der internationalen Attribution-ShareAlike 4.0 Lizenz. 253 00:13:08,240 --> 00:13:10,560 Partnerschaften des EASIT-Projekts: 254 00:13:11,120 --> 00:13:13,440 Universitat Autònoma de Barcelona 255 00:13:13,520 --> 00:13:15,600 Università degli Studi di Trieste 256 00:13:15,680 --> 00:13:17,320 Universidade de Vigo 257 00:13:17,400 --> 00:13:19,320 Stiftung Universität Hildesheim 258 00:13:19,400 --> 00:13:21,120 SDI München 259 00:13:21,200 --> 00:13:22,760 Dyslexiförbundet 260 00:13:22,840 --> 00:13:24,840 Radio Televizija Slovenija 261 00:13:24,920 --> 00:13:26,520 Zavod Risa 262 00:13:32,760 --> 00:13:33,960 EASIT 263 00:13:34,040 --> 00:13:37,000 Training in leichter Zugänglichkeit für mehr Teilhabe. 264 00:13:37,080 --> 00:13:39,320 Untertitelt von: Lena-Sophie König.